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Derzeit finden Standortskartierungen in den Wäldern des Landkreises statt
Erstelldatum20.03.2024
Erstellung einer ökologischen Grundlage für den naturnahen Waldbau
Humoser Oberboden, schluffiger Lehm, Stauhorizont, Gleyhorizont und in etwa einem Meter Tiefe beginnt die Kiesschicht. Das ist ganz grob die Bodenzusammensetzung in einem Probeloch im Allmendwald zwischen Reute und Teningen, das von einem Bagger ausgehoben wurde. Christof Rörig-Weisbrod vom Verein für Forstliche Standortskunde aus Freiburg steht in dem etwa 1,5 Meter tiefen Loch und macht sich Notizen darüber, in welcher Höhe welche Bodenschicht beginnt und aufhört, wie weit die Wurzeln des neben dem Loch stehenden Baumes hinabreichen und wie hoch das Grundwasser den Boden durchdringt oder in der Vergangenheit durchdrungen hat. Wo der Laie einfach nur Dreck in verschiedenen Braunschattierungen sieht, sind für das Expertenauge diese Feinheiten an der Zusammensetzung und dem Aussehen des Bodens leicht zu erkennen.
18 Löcher im Teninger Wald
Momentan werden von dem Verein im Landkreis Emmendingen und angrenzenden Landkreisen im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg mehrere solcher Löcher ausgebaggert, alleine in den Teninger Allmendwaldungen sind es 18, die innerhalb von zwei Tagen ausgehoben wurden. „Was wir hier machen, ist die Erstellung einer ökologischen Grundlage für den naturnahen Waldbau“, erklärt Rörig-Weisbrod seine Arbeit. Die tiefen Baggerlöcher sind dabei nur eine Vorerkundung für eine flächendeckende Standortskartierung der Wälder. In den kommenden zwei Jahren werden in einem Raster mit einer Stichprobendichte von etwa 50 x 50 Meter Geomorphologie, Vegetation, Hydrologie und Bodeneigenschaften erhoben. Dann aber nicht mehr mit einem Bagger, sondern mit dünnen langen Röhren von etwa 1,5 Zentimetern Durchmesser. Aus dem Stichprobenraster heraus werden dann einzelne Standorte auf analogen und digitalen Karten dargestellt.
Verschiedene Dichte der Kiesschichten
Vor rund 15000 Jahren brachten Glotter und Elz den Schotter, der in den Teninger Allmendwaldungen jetzt die Kiesschicht bildet, aus dem Schwarzwald. Der Schotter lagerte sich aber nicht in gleichmäßigen Schichten ab, sondern je nach Geländebeschaffung waren sie unterschiedlich dicht. Die Bodenzusammensetzung kann sich also innerhalb von wenigen Metern ändern, weshalb das dichte Raster notwendig ist. An der Oberfläche ist davon nichts zu sehen, für den Baum kann die Tiefe und Dichte der Kiesschicht aber darüber entscheiden, ob er genügend Standfestigkeit hat und ob seine Wurzeln ins Grundwasser reichen.
„Für den naturnahen Waldbau liefert die aufwendige Standortskartierung wesentliche Informationen zur Auswahl der Baumarten sowie zur Planung und Umsetzung der Waldbewirtschaftung gerade im Hinblick auf den Klimawandel“ so Rörig-Weisbrod. „Je nach Bodenbeschaffenheit können mit dem engen Raster Empfehlungen hinsichtlich Vitalität, Stabilität und Leistung der Waldbäume abgegeben werden, also welche Baumart hier am besten zurechtkommt und welche gar nicht.“
Anwendungen der Standortskartierung
Die Ergebnisse der Standortskartierung fließen in verschiedene Fachverfahren und forstliche Planungsprozesse ein, beispielsweise
- in die forstliche Betriebsplanung als mittelfristiges Planungsinstrument
- in die Jahresplanungen der unteren Forstbehörden und Reviere
- in die Bodenschutzkalkung
- in die Waldbiotopkartierung
- in die Entscheidung über Ausgleich bei Waldinanspruchnahmen
- bei der Anerkennung und Bewertung von Ökokonto-Maßnahmen
Aber auch die externen Anwendungen der Standortskartierung sind zahlreich:
- Bearbeitung von naturschutzfachliche Fragen durch Fachbehörden
- Beurteilungsgrundlage beim Flächentausch im Rahmen von Flurneuordnungsverfahren
- Fachplanungen von Planungsbüros
- Wissenschaftliche Bearbeitung von waldökologischen Fragestellungen
Quelle: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg